Dass ihr Antrag auf Grundsicherung einige Zeit benötigen würde, um beschieden zu werden, war dem Ehepaar Evi und Karl Peters* (Namen geändert) klar. Allerdings hätten sie nicht gedacht, dass sie drei Jahre auf ihr Recht und eine hohe Nachzahlung warten müssten. Ohne den beharrlichen Einsatz der Rechtsabteilung des Landesverbands wäre dies fraglich gewesen.
Januar 2018: Antrag auf Grundsicherung
Evi und Karl Peters stellten Anfang Januar 2018 beim Amt für Soziale Dienste in Bremen einen Antrag auf Grundsicherung, weil ihnen mit zwei geringen Renten sowie dem Pflegegeld für die Ehefrau gerade 1.000 Euro monatlich zur Verfügung standen. Auf den Ablehnungsbescheid mussten sie lange warten – er kam nach gut einem Jahr, nämlich Ende Januar 2019! Die Begründung lautete: Das Ehepaar, beide über 80 Jahre alt, müsse sich von dem Erlös ihres vor zehn Jahren verkauften Hauses finanzieren. Die SoVD-Mitglieder wandten sich daraufhin an den Landesverband.
Ende Januar 2019: Ablehnungsbescheid und Widerspruch im Februar 2019
Die Rechtsabteilung des Landesverbands nahm sich der Sache an und reichte Anfang Februar 2019 den Widerspruch ein. Dem Rechtsverständnis der Juristen nach konnte das Ehepaar den Erlös des Hausverkaufs ganz nach ihren persönlichen Vorstellungen verwenden, zumal sie jeden Monat ihr geringes Einkommen aufstocken mussten.
Oktober 2019: Widerspruchsbegründung erst mit Verzögerung möglich
Das Jahr 2019 verging zunächst ohne Rückmeldung des Amts und mit Sachstandsanfragen per Telefon und Fax sowie der Bitte um Akteneinsicht. Dieser Bitte kam das Amt erst Ende August nach, nachdem Simone Witte, Juristin und Leiterin der Rechtsabteilung, eine Untätigkeitsklage angedroht hat. Nun konnte sie den Widerspruch begründen. Nach der Übersendung im Oktober folgten vier weitere Monate mit Sachstandsanfragen, die nicht beantwortet wurden. Der existenzielle Druck auf das Ehepaar Peters wuchs kontinuierlich. Überleben konnten sie, weil der Vermieter die Miete stundete, sie Familienschmuck zum Pfandhaus brachten und Verwandte um Nahrungsmittel baten.
Ende April 2020: Ein Schreiben des Amts an Peters Privatadresse
Erst Ende April 2020 kam Bewegung in den Rechtsstreit – allerdings mit einem Schreiben des Amts an die Privatadresse des Ehepaars, dass der Antrag auf Grundsicherung unvollständig ausgefüllt worden sei. Simone Witte berichtet, dass sie einen Anruf des aufgelösten 85-Jährigen erhalten hat, der davon ausgegangen war, dass sich der Sozialverband aus dem Rechtsstreit zurückgezogen hatte.
Oktober 2020: 200 kopierte Kontoauszüge und eine letztmalige Aufforderung ans Amt
Es folgten weitere Sachstandsanfragen und letztlich die Auskunft des Amts, dass sie die Kontoauszüge der letzten zehn Jahre einsehen wollten. Die Sachbearbeiter wollten sich davon überzeugen, dass das Ehepaar das Geld wirklich ausgegeben hat und nicht zuhause aufbewahrt. Simone Witte und ihr Team krempelten die Ärmel hoch und brachten Ende Oktober einen großen Umschlag zum Amt, mit über 200 kopierten Kontoauszügen sowie der letztmaligen Aufforderung zum Tätigwerden bis zum Jahresende.
Januar 2021: Positiver Bescheid und Nachzahlung von 40.000 Euro
Anfang Januar 2021 erhielt die Juristin den positiven Bescheid des Amts für Soziale Dienste. Sie rief Karl Peters an. Er berichtete, dass sich auf seinem Konto plötzlich 40.000 Euro befänden und war zunächst besorgt, dass es sich um ein Versehen handelte – aber tatsächlich war es die Nachzahlung des Amts.
Ein Fazit
Simone Witte freut sich über den guten Ausgang des Rechtsstreits, ist aber empört, dass das Amt für Soziale Dienste drei Jahre für die Bearbeitung benötigt hat. „Die Ämter haben zwar viel zu tun“, so Witte, „aber so etwas darf nicht passieren! Im Einzelfall dauert es manchmal länger, aber die Vielzahl der Kontakte und die Verweildauer im Amt sind nicht akzeptabel. Man darf nicht vergessen, in diesem Fall ging es um die Grundsicherung!“