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Die Sonderfahrt mit der historischen Straßenbahn brachte einiges ans Tageslicht: Die Gäste aus der Politik und dem SoVD-Landesverband lernten Bremen mit anderen Augen kennen, unterhielten sich zwanglos und wussten nachher die Vorzüge der barrierefreien Busse und Bahnen zu schätzen.

Um an diesem frostigen Februarmorgen in der historischen Straßenbahn „Linie 15“ Platz zu nehmen, musste man Muskelkraft mitbringen: Zwei kapitale Stufen ging's hinauf. Platz für einen Rollstuhl? Nein, den gab es in den 1980ern noch nicht, dafür konnte hinter dem Fahrer ein Kinderwagen stehen. Viele der 30 geladenen Gäste aus der Politik und vom SoVD-Landesverband kannten die Straßenbahn noch von früher. „Alt, klapprig und kalt“, fasste der SPD-Politiker Klaus Möhle seine Erinnerungen zusammen, „wir können froh sein, dass wir heute andere Zeiten haben.“ Die Fahrt der „Linie 15“ führte vom Hauptbahnhof durch den Bremer Westen, über die Domsheide bis zum Flughafen und zurück zum Ausgangspunkt.

Organisiert hatte die Sonderfahrt der SoVD-Landesverband Bremen. „Wir möchten einen Hinweis auf die sozialen Brennpunkte und die drohende Spaltung unserer Stadtgesellschaft geben“, sagte Joachim Wittrien, Erster Vorsitzender des Landesverbands, in seiner Begrüßung. Die Stadt einmal mit anderen Augen sehen und ins Gespräch kommen – darum ging es an diesem Vormittag.

Der Anspruch wurde eingelöst: „Es ist ein schönes Format“, lobte Peter Erlanson von der Partei DIE LINKE, „wenn man die Augen aufmacht, sieht man die Probleme. Man lernt die Stadt anders kennen.“ Inga Köstner, die Leiterin des Ortsamts Horn, bestätigte dies: „Die Stadt nonstop zu durchfahren und im Ganzen zu erfassen, ist etwas Besonderes.“

Die Gäste tauschten sich angeregt aus. „Eine gute Kontaktfläche“, sagte Sigrid Grönert von der CDU, die mit mehreren SoVD-Vertretern sozialpolitische Fragen diskutierte. Aber auch für Nostalgie war Platz: „Dieser Straßenbahntyp war 1982 der letzte, der in Bremerhaven im Einsatz war“, erzählte Uwe Parpart, Stadtrat aus Bremerhaven, „wir waren sehr traurig, dass die Bahn abgeschafft wurde.“

Kalt war es übrigens nicht in der Linie 15, die Bernd Menke aufmerksam durch den Straßenverkehr lenkte und Vorstandsmitglied Thomas Wolter, beide im Verein “Freunde der Bremer Straßenbahn“ aktiv, als Schaffner begleitete. Die Heizung hat wie in alten Zeiten unter der Bodenfläche gepowert. Füße hoch, hieß es früher. Daran erinnerte sich auch eine Mitreisende, die Bekanntschaft mit heißen Schuhsohlen machen musste.

Den Abschluss machten heißer Kaffee und eine Erbsensuppe am Bahnhofsvorplatz. „Es war ein gelungener Vormittag“, sagte Joachim Wittrien, „wir haben mit den Gästen sehr gute Gespräche geführt und weiterführende Kontakte geknüpft.“

Was der SoVD-Landesvorsitzende zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste: Der Kreis der Gesprächsteilnehmer sollte sich noch stark erweitern. Das Angebot, sich mit einer schmackhaften Suppe zu stärken, nahmen Bahnreisende und Passanten gern an. Auffällig war die hohe Zahl der hilfebedürftigen Menschen unter ihnen. Fazit: Das Thema „Soziale Spaltung“ ist und bleibt in Bremen aktuell.